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Pforten zur Psyche: Wie Drogen unsere Wahrnehmung und Emotionen beeinflussen

  • Autorenbild: Alex
    Alex
  • 15. Apr. 2024
  • 5 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 16. Aug. 2024

Ob Alkohol, Kokain, Cannabis oder MDMA (Ecstasy), es existieren diverse Arten von Drogen - ich werde im Nachfolgenden den neutralen Begriff der psychoaktiven (auf die Psyche wirkendenden) Substanzen verwenden - mit ihren unterschiedlichen Wirkungen hinsichtlich des dahinterliegenden chemischen Mechanismus in unserem Gehirn und ihren daraus resultierenden Effekten. In diesem Beitrag möchte ich Dir einen groben Überblick darüber geben, in welche übergeordneten Kategorien sich psychoaktive Substanzen einteilen lassen.


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Zuerst ein paar vereinfachende Worte zu unserem Gehirn

 

Unser Gehirn gleicht einem gigantischen Netzwerk, in dem Milliarden von Nervenzellen (auch Neuronen genannt) miteinander kommunizieren. Dabei werden zuvor aufgenommene Impulse ausgewertet und entsprechende Reaktionen hervorgerufen, welche sich beispielsweise in einer konkreten Bewegung eines Körperteils äußern können. Dieser Informationstransport und -austausch ist die Grundlage unserer gesamten Wahrnehmung, unseres Denkens und Handelns. [1]

Die Impulsübertragung passiert dabei auf zwei verschiedene Arten:

1.)    Innerhalb eines Neurons als elektrischen Impuls, wobei man sich dies analog wie ein stromführendes Kabel vorstellen kann

2.)    Zwischen zwei Neuronen über chemische Moleküle, sogenannte Botenstoffe, auch Neurotransmitter genannt. Dies geschieht in den Verbindungsstellen, den Synapsen, wobei sich beide Neuronen jedoch nicht berühren und ein Hohlraum zwischen diesen bleibt. Dies ist der synaptische Spalt. Zur Informationsübertragung werden im vorgelagerten, sendenden Neuron entsprechend dem elektrischen Impuls Neurotransmitter in den synaptischen Spalt hineingegeben. Bekannte Beispiele hierfür sind Serotonin (Regulation emotionaler Zustände) und Dopamin (Beteiligung bei Motivations- und Belohnungsprozessen). Diese docken an entsprechende Rezeptoren, vergleichbar mit einem passenden Puzzle-Teil, an der nachgelagerten, empfangenen Nervenzelle an. Dadurch wird ein neuer elektrischer Impuls in der empfangenen Nervenzelle ausgelöst und die Information weitertransportiert. Zuvor ausgeschüttete Neurotransmitter werden im Anschluss wieder von dem sendenden Neuron aufgenommen oder durch Enzyme abgebaut.

 


Doch was passiert, wenn wir diese Kommunikation mit psychoaktiven Substanzen beeinflussen?

 

Psychoaktive Substanzen greifen in der Synapse ein und beeinflussen die Signalübertragung auf verschiedene Weise. Sie können zum Beispiel die Ausschüttung von Neurotransmittern erhöhen (z.B. MDMA mit Serotonin), die Wiederaufnahme der Neurotransmitter hemmen (z.B. SSRIs/ klassische Antidepressiva, ebenfalls mit Serotonin) oder die Rezeptoren direkt aktivieren, indem sie selbst an diese andocken (z.B. Morphin an Opioid-Rezeptoren). Es werden also entweder bestehende Signale verstärkt oder neue ausgelöst. In Abhängigkeit davon, welche Neurotransmitter-Schaltkreise aktiviert werden, kommt es entweder zu einer Erregung (z.B. bei Serotonin oder Dopamin) oder einer Entspannung (z.B. bei Endorphinen oder dem Transmitter GABA) des gesamten menschlichen Systems, physisch wie psychisch. [2]

Auf Basis der betroffenen Neurotransmitter und ihrer daraus resultierenden Wirkung lassen sich psychoaktive Substanzen ganz grob in drei Kategorien einteilen:

 


1.)    Stimulanzien


Wirkung: Anregende Wirkung, Steigerung von Energie und Aufmerksamkeit

Beispiele: Koffein, Amphetamin, Kokain

Mechanismus: Erhöhte Ausschüttung von stimulierenden Neurotransmittern wie Dopamin und Noradrenalin. Der Körper mobilisiert hierbei insbesondere Energiereserven, die evolutionär für Phasen der Anspannung, wie Kampf- oder Krisensituationen gedacht sind. Eine Überbeanspruchung setzt den Körper unter enormen Stress, welcher u.a. mit einem Verschleiß der Organe und im schlimmsten Fall tödlichen Folgen einhergeht.

 


2.)    Sedativa


Wirkung: Beruhigende Wirkung, Entspannung und Dämpfung von Angst und Stress

Beispiele: Benzodiazepine (Schlaf- und Beruhigungsmittel), Opiate/Opioide, Alkohol

Mechanismus: Unter anderem Erhöhung der GABA-Aktivität oder Ausschüttung von Endorphinen (endogene, also körpereigene Morphine). Der Körper kehrt in einen Ruhemodus, der mit den dazugehörigen Neurotransmittern eigentlich für Phasen der Regeneration vorgesehen ist. Kommt es hierbei zu einer Überdosierung, welche insbesondere beim gleichzeitigen Konsum mehrerer, sich gegenseitig verstärkender Sedativa (bspw. die Kombination von Alkohol und Schlaftabletten), so kann es passieren, dass das menschliche System in seiner Aktivität so weit gedrosselt wird, dass es zu einem tödlichen Atemstillstand, einer Atemdepression kommen kann.

 


3.)    Psychedelika


Wirkung: Veränderte, intensivierte Wahrnehmung mit möglicher Vermischung von Sinneseindrücken (z.B. Töne sehen oder Farben schmecken), verändertes Denken und ein verändertes Ich-Bewusstsein, bei dem die Grenzen des Ichs verschwimmen können und ein Einheits-Gefühl mit der Welt entstehen kann. Zudem besteht ein größerer Bezug zum eigenen Unterbewusstsein, wobei neue Erkenntnisse über einen selbst gewonnen, allerdings auch unterdrückte negative Emotionen und Traumata zum Vorschein kommen können. Der Name Psychedelika bedeutet so viel wie „die Seele sichtbar machen“. Die genaue Wirkung ist höchst individuell und hängt sowohl von der Gedankenwelt des Konsumierenden (das Set) als auch der Umgebung (das Setting) als auch der gewählten Dosis ab und ist nicht eindeutig vorherzusagen.

Beispiele: LSD, Psilocybin-haltige Pilze (auch Zauberpilze/ Magic Mushrooms genannt), DMT/ Ayahuasca

Mechanismus: In unserem Gehirn existieren Netzwerke, die bei eigener Aktivität andere Netzwerke und Regionen in deren Aktivität und Kommunikation untereinander hemmen. Hier lässt sich schlussfolgern, dass gewisse übergeordnete Kommunikationswege einfach nicht notwendig sind, um sich als Mensch in der Welt zurechtzufinden und somit eher stören und unnötig Energie verbrauchen würden. Ein solches hemmendes Netzwerk ist das Default-Mode-Network (DMN). Psylocibin, der relevante Wirkstoff in Zauberpilzen, drosselt die Aktivität des DMN, wodurch die Aktivität der ansonsten gedämpften Gehirnareale sowie deren Verbindung untereinander zunimmt. Dies führt zu einer Erweiterung des Bewusstseins und den zuvor beschriebenen Effekten.

 

Wie bereits erwähnt, stellt dies eine sehr grobe Einteilung dar. Zum einen existieren Substanzen, die sich nicht eindeutig einordnen lassen und irgendwo „zwischen den Stühlen sitzen“. Dies betrifft zum Beispiel Cannabis in Abhängigkeit seiner exakten Wirkstoff- und Terpenenzusammensetzung oder Dextrometorphan (DXM), auch bekannt als ein Hustenstill-Präparat, welches in geringen Dosen leicht betäubend und in höheren Dosen zunehmend psychedelisch wirkt. Zum anderen lassen sich weitere von der Wirkung abhängige (Unter-)Kategorien bilden. So können psychoaktive Substanzen beispielweise zusätzlich empathogen (Gefühl der Verbundenheit mit anderen Menschen) oder aphrodisierend (Steigerung der Libido) wirken.

 


Fazit: Ein vielseitiger, komplexer Mix

 

Die Wirkungsweise von psychoaktiven Substanzen ist komplex und vielfältig. Je nach Substanz und Dosierung können sie die neuronale Kommunikation auf unterschiedliche Weise beeinflussen und so zu einer breiten Palette von Effekten führen – von anregend und euphorisierend bis hin zu beruhigend und bewusstseinsverändernd und dabei auch zu neuen Erkenntnissen zu sich selbst und der Welt führen. Hierbei können theoretisch viele (Unter-)Kategorien und Cluster gebildet werden. Am relevantesten ist jedoch die Einteilung in Stimulanzien (aufputschend), Sedativa (beruhigend) und Psychedelika (bewusstseinserweiternd).




Quellen:

  

[1] Bear, M. F., Connors, B. W., Paradiso, M. A., & Engel, A. K. (2018). Neurowissenschaften. Springer.


[2] Böckem, J. & Jungaberle, H. (2021). High Sein: Ein Aufklärungsbuch. Kein & Aber.





Pass auf Dich auf!


Der Konsum von legalen wie illegalisierten psychoaktiven Substanzen ist immer mit Risiken verbunden.

Vor dem Konsum sollten reichlich Informationen über die entsprechende Substanz aus verschiedenen Quellen eingeholt werden.

Ebenso sollten der Konsumform entsprechende Safer-Use-Regeln eingehalten werden, um mögliche Risiken zu minimieren.

Solltest Du allgemein oder im Zusammenhang mit psychoaktiven Substanzen eine bedrückende, die Lebensqualität mindernde Last auf deinen Schultern spüren, wende Dich bitte an eine Vertrauensperson und/ oder medizinisches Personal, wie einem Psychotherapeuten. Mentale Gesundheit ist etwas, das nicht vernachlässigt werden sollte. Sich Hilfe zu suchen ist kein Zeichen von Schwäche. Es ist ein Zeichen von Stärke. Du übernimmst Verantwortung für dein Wohlbefinden und damit auch dein Leben!

Grundsätzlich gilt: Der sicherste Konsum findet nicht statt!

 

Hinweis:

Dieser Blog dient der Aufklärung und Vermittlung von Wissen zu psychoaktiven Substanzen. Dies ist NICHT als Aufforderung zum Konsum zu interpretieren. Es wird anerkannt, dass Menschen unabhängig von Verboten legale wie illegalisierte psychoaktive Substanzen konsumieren. Dabei würde nicht vorhandenes oder gar falsches Wissen die möglichen Risiken des Konsums verstärken. Informierte Menschen können mündige Entscheidungen treffen und die Gefahr von schwerwiegenden Komplikationen dadurch reduzieren.

 
 
 

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